Molecule-Profil: Oli Grant

Als Senior Sound Designer greift Oli Grant in die Tasten des Traumiversums während er für Dreams Musik und Sound komponiert. Er arbeitete an Ingame-Live-Events wie DreamsCom ‘22 und All Hallows‘ Dreams und lieferte dabei eine Kakofonie aus erfreulich unterschiedlichen Soundtracks, Soundeffekten und Audios. Hier sprechen wir mit Oli über seine Arbeit als örtlicher DJ, gruselige Soundtracks und das Vertrauen in die eigenen Ohren.

Hallo Oli! Was genau machst du hier bei Media Molecule?

Ein Foto von Oli Grant.

Ein Foto von Oli Grant.

Ich bin der Senior Sound Designer, also bin ich für die musikalische Leitung bei Projekten zuständig. Meist geht es hierbei um das Live-Team, aber bei Gelegenheit kümmere ich mich bei Projekten auch um das Sounddesign. Ich arbeite nicht nur in Dreams, auch wenn das einen Großteil meiner Arbeit ausmacht. Wenn ich nicht in Dreams arbeite, fertige ich womöglich Tools oder Instrumente für unsere Soundeffekt-Bibliothek an, oder, wenn wir kurz vor der Veröffentlichung neuer Trailer stehen, kümmere ich mich vermutlich um deren Nachbearbeitung, optimiere die Stimmen oder sitze am finalen Mix. Ich beschäftige mich gerne mit vielen verschiedenen Aspekten des Sounds, während andere Leute einen sehr speziellen Geschmack haben.

Und wie sieht das dann tagtäglich genau aus? Machst du Musik? Arbeitest du auch an der Entwicklung von Sounds und Hintergrundgeräuschen?

Ein Bild der DreamsCom ‘22. Oli hat dafür die fröhliche Hintergrundmusik komponiert.

Ein Bild der DreamsCom ‘22. Oli hat dafür die fröhliche Hintergrundmusik komponiert.

Das variiert je nach Projekt oder Verfügbarkeit der Leute. Manchmal ist es einfach gut, das Ganze in Musik und Sounddesign zu unterteilen und diese Teilbereiche zwei Personen zuzuweisen. So haben wir das diesmal auch bei All Hallows‘ Dreams gehandhabt. Ich habe mich um einen Teil des Sounddesigns gekümmert, z. B. um die Verfolgung von Connie und den Lama-Rat. Aber im Wesentlichen haben wir mit der Arbeit an der Musik etwa 3 – 4 Wochen vor der Erstellung der Levels begonnen. So konnte ich mir bereits im Vorfeld überlegen, was für eine Richtung ich mir für die Musik vorstellte. Mir gefallen aber beide Aspekte der Arbeit aus unterschiedlichen Gründen.

Mir macht es Spaß, beim Sounddesign meinen „Logikhut“ aufzusetzen, mich auf das Gameplay zu stürzen und die Dinge zum Laufen zu bringen. Ich bin nämlich fest davon überzeugt, dass eine gute Logik und Umsetzung zu einem großartigen Sounddesign führen. Man kann etwas haben, das wirklich gut gemacht ist und etwas langweilig klingt, aber wenn es gut gemacht ist und richtig funktioniert, wird es sich auch sehr gut anfühlen. Die Musik erstelle ich meist in Dreams. Manchmal erstelle ich Instrumente außerhalb von Dreams und importiere sie dann in das Spiel, um den Songs etwas mehr Würze zu verleihen, aber für das meiste nutze ich doch die Tools.

Wie hast du dann die Sounds für „Das Land der verlorenen Träume“ designt? Die Vielfalt ist sehr groß, von traditionellen Horror-Soundeffekten bis hin zu Lamageräuschen.

Ein Bild des Lama-Rats, den hinreißend flauschigen Herrschern des Landes der verlorenen Träume.

Ein Bild des Lama-Rats, den hinreißend flauschigen Herrschern des Landes der verlorenen Träume.

Wir wollten ein interdimensionales Horrorerlebnis schaffen, es ist also nicht super gruselig. Es besteht zum Teil aus traditionellen Halloween-Elementen, aber wurde durch das Mischen von verschiedenen Genres zu einem anderen Biest, was ganz nach meinem Geschmack ist. Als ich also anfing, die Musik zu komponieren, habe ich zwar traditionelle Halloween-Musik kreiert, aber meine Inspiration stammte aus Shows wie „Adventure Time“ und „Midnight Gospel“. Irgendwie cartoon-mäßig schräg, und das ist absolut mein Ding. Wir hatten eine Playlist mit der verrücktesten Mischung. Sie enthielt eine ganze Bandbreite an Songs, von hybridem orchestralem Electro, über Lieder von sehr interessanten Komponisten, und, falls wir das andere Ende des Spektrums nutzen wollten, gab es auch Old-School-Hip-Hop. Und einige alte Synthwave-Sachen aus den 80er-Jahren.

Der Trailer zu „All Hallows‘: Das Land der verlorenen Träume“.

Für die Sound-Palette hatte ich mir überlegt, dass ich ein Gefühl von alten analogen Geräten kreieren wollte, weil sie eine gewisse Wärme und Sättigung haben, die durch die Herstellung der Schaltkreise entstanden. Aber es gibt etwas, das ich an den blechernen und taktilen realistischen Soundeffekten wirklich mag. Sie fühlen sich einfach perfekt miserabel an. Kürzlich habe ich einen Podcast gehört, und da gab es eine Keyboard-Einlage mit einem Mellotron, einem altmodischen elektromechanischen Keyboard. Es war nur eine kurze 30-sekündige Schleife, aber sie hat in mir die Inspiration für das Halloween-Event entfacht.

Welche Arbeit hat dir in deiner bisherigen Zeit bei Mm am besten gefallen?

Die DreamsCom hat sehr viel Spaß gemacht, weil wir nur ein kleines Team waren und audiotechnisch richtig auf den Putz hauen konnten. Und die Location, die wir dafür geschaffen haben, gab mir die Möglichkeit, die Art von fröhlicher, beschwingter Hintergrundmusik zu machen, die ich auch zu meinem eigenen Vergnügen machen würde. Auch die VR-Inhalte waren sehr cool, weil bei dem Projekt alles möglich war. Es war bewusst einfach gehalten, aber ich wollte sehen, wie viel üppiges Sounddesign ich zu simplen Würfeln und weißen Hintergründen hinzufügen konnte. Es war eine lustige Herausforderung, einer solchen Umgebung Leben einzuhauchen. Aber ich glaube, am meisten erfüllt mich die Arbeit an den Live-Inhalten, weil ich es liebe, die Reaktionen der CoMmunity auf unsere Arbeit mitzubekommen.

Wie ist dein Einstieg in die Branche abgelaufen?

Das Bild einer übertrieben realistischen Connie aus dem Land der verlorenen Träume, auch bekannt als Skinfant. Davon bekommt mal Albträume.

Das Bild einer übertrieben realistischen Connie aus dem Land der verlorenen Träume, auch bekannt als Skinfant. Davon bekommt mal Albträume.

Mein Werdegang ist etwas ungewöhnlich. Als Kind hatte ich nie Musikunterricht und habe kein Instrument gelernt. Meine Mutter hat eine Tanzgruppe geleitet und mit einer sehr billigen Software die Musik dafür gemixt. Mit ungefähr zwölf Jahren war ich einmal richtig krank und habe mit dieser Software und den Windows-Sounds herumgespielt, bis ich einen fertigen Track hatte. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, also habe ich mir MTV Music Generator für PlayStation besorgt und habe jeden Abend stundenlang damit verbracht. Ich habe das damals als Hobby betrachtet, aber mit der Zeit bin ich immer tiefer in die Materie eingestiegen. Es war wie ein Tunnel, der kein Ende nahm. Ich bekam nie das Gefühl, dass ich jeden Winkel der Musik erkundet habe, weil das gar nicht möglich ist. Man kann unendlich tief eintauchen.

Als ich 15 Jahre alt war und anfing, elektronische Musik zu produzieren und zu veröffentlichen, erregte ich langsam Aufmerksamkeit. Ich legte in meiner Heimat als DJ auf und unterschrieb meinen ersten Vertrag bei einem Label. Das war sehr aufregend, aber gleichzeitig wurde mir bewusst, dass mir ein paar Grundlagen fehlten und ich an meinem musikalischen Handwerk und meinen Fähigkeiten als Komponist arbeiten musste. Bis dahin hatte ich hauptsächlich mein Gehör geschult, meine Sound-Mixing-Fähigkeiten ausgebaut und mir die Tontechnik nur durch Ausprobieren angeeignet, indem ich meine Lieblingskünstler imitierte. Ich erhielt einen Studienplatz im Fach Musiktechnologie, nachdem ich dem Fachleiter erzählt hatte: „Ich habe all diese Sachen produziert. Mir fehlt zwar der theoretische Hintergrund, aber können Sie mich trotzdem in Ihren Studiengang aufnehmen?“

Dann bin ich also in Bournemouth zur Uni gegangen. Das Studium bestätigte mich in meinem Wunsch, später in der Branche zu arbeiten, aber mir wurde auch bewusst, dass man die Jobs nicht einfach auf dem Silbertablett serviert bekommt. Also habe ich mit ein paar Freunden ein eigenes Unternehmen gegründet. Wir haben die Postproduktion, den Sound und die Musik von Projekten aller Art übernommen, um unser Portfolio auszubauen. Zunächst wurden wir für Studentenfilme und Minispiele angefragt, aber dann erhielten wir durch Mundpropaganda einen Auftrag für einen Werbespot von BT. Wir waren ganz aus dem Häuschen.

Ein Bild von der DreamsCom ‘22, bei dem ein Avatar auf dem Logo steht.

Ein Bild von der DreamsCom ‘22, bei dem ein Avatar auf dem Logo steht.

Wir haben dafür jede Menge schräges Zeug gemacht. In einer Szene hat jemand Eier verquirlt, also haben wir uns eine Packung Eier gekauft und sie ewig lange verquirlt, um das Geräusch hautnah aufnehmen zu können. Als Nächstes vertonten wir einen Werbespot für Sony Xperia, der etwas Aufmerksamkeit erregte. Zu dem Zeitpunkt konnten wir schon auf eine ganze Reihe an Projekten zurückblicken. Also bewarb ich mich bei Studios, stellte mich aber darauf ein, weiterhin freiberuflich tätig zu sein. Dann sah ich, dass die Stelle als Voiceover Designer bei Media Molecule online ausgeschrieben war. Ursprünglich war es nur ein kurzer Vertrag, aber mit der Zeit lernte ich die Abläufe des Studios immer besser kennen und war sofort begeistert von den Dreams-Werkzeugen. Ich blieb dem Team als Sound Designer erhalten und wurde schließlich zum Senior Sound Designer befördert.

Wie findest du den Umgang mit den Audio-Werkzeugen in Dreams im Vergleich zu professioneller Audio-Software?

Ich finde, dass die Vorteile unterm Strich überwiegen. Es gibt ein paar Einschränkungen, also fangen wir mit einem negativen Punkt an: Es ist schwer, ein finales Mastering anzufertigen, und diese 5 % machen den Unterschied zwischen einem Musikstück in Dreams und einem Song im Radio aus. Es ist nicht leicht, das mit den Dreams-Werkzeugen zu erreichen, da uns ein paar dynamische Prozesse und zusätzliche Optionen fehlen, um dem Titel einen Feinschliff in Radioqualität zu verpassen. Aber davon abgesehen ist es beinahe lachhaft, wie schwer es mir fällt, zu den alten Arbeitsprozessen zurückzukehren, weil in Dreams alles, was man braucht, nur zwei Klicks entfernt ist. Man kann Musik auf eine Zeitachse ziehen und hat sofort Zugriff auf alle Tonleitern, ohne vorher die richtigen Treiber zum Laufen bringen zu müssen. In einem traditionellen Programm ist die anfängliche Inspiration schon wieder verflogen, bis man alles eingerichtet hat. In Dreams kann man seine Ideen in einem Fluss umsetzen, und ich kann kaum glauben, dass das bei den anderen Tools nicht der Fall ist.

Hast du Tipps oder Ratschläge für Leute, die gerne in den Bereich Audiodesign einsteigen möchten?

Ja. Ich würde sagen: Vertrau deinem Gehör. Das klingt etwas banal und albern, aber wenn etwas für einen selbst gut klingt, dann ist es auch gut. Die größte Fähigkeit, die ich im Laufe der Jahre als Audio Designer entwickelt habe, ist es, auf meine Entscheidungen zu vertrauen und mir keine Gedanken darüber zu machen, was andere denken und ob ich ihren Ansprüchen gerecht werde. Wenn man nun eine Karriere im Audiodesign anstrebt, ist es wichtig, einen vielseitigen Hintergrund zu haben, aber sich auf seine Stärken zu spezialisieren. Man muss seinen Lieblingsbereich finden, da der Beruf sehr unterschiedlich aussehen kann: Vielleicht verarbeitet man gerne Dialoge. Dabei gibt es strenge Vorgaben und man braucht ein äußerst geschultes Gehör. Oder vielleicht findet man Gefallen am Sounddesign und fertigt gerne eigene Assets an.

Die Leute von Mm scheinen eine Menge interessanter Dinge auf ihren Schreibtischen zu haben. Was würden wir denn gerade auf deinem Schreibtisch vorfinden?

Bei meiner Arbeit werden meine Hände meist unruhig, sie müssen stets etwas zu tun haben. Auch wenn ich darauf warte, dass ein Level speichert, oder, dass etwas hochgeladen wird, muss ich mir immer gleich eine neue Beschäftigung suchen. Also habe ich auf meinem Tisch einen JX-03 – einen kleinen Synthesizer, der superwinzig ist und mit dem es einfach Spaß macht, auf die Tasten zu hämmern. Darauf habe ich außerdem viele der Sounds für „Das Land der verlorenen Träume“ produziert. Ansonsten besitze ich auch eine kleine Drum Machine, auf der ich ganz leicht herumspielen kann, wenn mir mal langweilig ist. Die sind beide ganz leicht aufzubauen und immer einsatzbereit. Also während ich rede und tippe, haue ich nebenbei ein paar Schlagzeug-Beats raus und esse gleichzeitig mein Blumenkohl-Sandwich. Aber das spielt jetzt ja keine Rolle.

Zum Abschluss: Was sind deine Dreams-Favoriten, und gibt es welche, die du empfehlen möchtest?

Ein Bild von „PHOENIX“, einem Musikvideo, das KarstenStaack mithilfe des Gesangs von Lady_SnipeShot produziert hat. Das pastellfarbene Gesicht einer Frau mit blauen Haaren und einer Brille blickt direkt in die Kamera.

Ein Bild von „PHOENIX“, einem Musikvideo, das KarstenStaack mithilfe des Gesangs von Lady_SnipeShot produziert hat. Das pastellfarbene Gesicht einer Frau mit blauen Haaren und einer Brille blickt direkt in die Kamera.

Erst mal möchte ich mein Lob sacboy2003 und seinem absolut abgefahrenen Track Ethlx aussprechen. Sacboy2003 hat den Song in Dreams produziert und fertigt im Allgemeinen viele tolle Audio-Tracks im Spiel an, aber Ethlx sticht besonders hervor. Dieser ausgezeichnete Elektro-Track hat mich beim ersten Mal einfach umgehauen. So etwas wurde in Dreams erstellt? Hör also auf jeden Fall mal rein. Außerdem möchte ich auch Lady_SnipeShot erwähnen. Ich weiß nicht, ob ihr schon von ihr gehört habt, aber sie ist eine Schöpferin im Traumiversum, die sehr hochwertigen Gesang hochlädt, den sie für Remixe verfügbar macht und das ist einfach unglaublich. Ich finde, dass uns genau das in der Traumiversum-Bibliothek noch fehlt und es ist spitze, dass sie allen diese Dinge zugänglich macht.

Ein Bild von „Musicalum“. Ein gelber Baum steht in der Mitte des Bildschirms und ist von Säulen umgeben, die Punkte befinden sich am Bildschirmrand.

Ein Bild von „Musicalum“. Ein gelber Baum steht in der Mitte des Bildschirms und ist von Säulen umgeben, die Punkte befinden sich am Bildschirmrand.

Vor Kurzem habe ich dieses Rhythmusspiel namens Musicalum (von Computer_Cat und Nicco555 gespielt und mich direkt in es verliebt. Es ist quasi wie ein altes „EyeToy“-Spiel, bei dem du die unterschiedlichen Beats passend zur Musik treffen musst, aber die Schöpfer haben es geschafft, dass sich die Interaktionen genau wie bei Beat Saber goldrichtig anfühlen. Ich weiß nicht, wie sie das geschafft haben. Ich habe selbst schon ein paar Mal versucht, in Dreams ein Rhythmusspiel zu erstellen, aber da ich kein Game Designer bin, wusste ich natürlich nicht über die kleinen psychologischen Tricks Bescheid, mit denen man diesen Effekt erzielt. Sie haben einfach einen Volltreffer gelandet. Außerdem hat das Spiel auch super Musik und eine Vielfalt an Levels. Und das ist immer ein Pluspunkt.

Ein Bild von „PROTOLAND“. Der Spieler schießt in einer bunten Umgebung auf roboterähnliche Käfer.

Ein Bild von „PROTOLAND“. Der Spieler schießt in einer bunten Umgebung auf roboterähnliche Käfer.

Als Letztes möchte ich dir noch die Demo von PROTOLAND von Paulo-Lameiras empfehlen. Und zwar nicht wegen der Musik, sondern eher wegen des Sounddesigns. Ich schätze es sehr, dass hier beim Sounddesign einige geniale stilistische Entscheidungen getroffen wurden, die einfach perfekt dazu passen. Man hätte problemlos mit riesigen Explosionen und so arbeiten können. Aber hier hat man viel Raffinesse genutzt, wie zum Beispiel beim Zerfall der Roboter. Ich liebe es einfach, wenn Schöpfer beim Sounddesign alles geben, da es ihre Kreationen einfach auf die nächste Stufe bringt.

Das Dreams-Benutzerhandbuch ist ständig in Arbeit. Achtet auf Aktualisierungen, da wir im Laufe der Zeit weitere Lern-Ressourcen und Artikel hinzufügen werden.