Molecule-Profil: Luci Black
Wer braucht eine exzellente Wortkünstlerin, die dafür sorgt, dass eine Ansammlung von Buchstaben auch gut klingt? Luci Black ist in diesem Fall die perfekte Kandidatin! Unsere persönliche Rechtschreibprüfung auf zwei Beinen ist dafür verantwortlich, dass all die Artikel, die wir so verfassen, grammatikalisch korrekt und zu 100 % richtig sind – wer einen Rechtschreibfehler findet, darf sich also direkt an sie wenden. Aber zu ihrem Job gehört noch so viel mehr! Zum Beispiel korrigiert sie die Texte im Spiel, schreibt Leitfäden zu komplexen Themen und sorgt dafür, dass der Mm-Tonfall so einheitlich und entzückend ist. Sie ist also so was wie unser TÜV, wenn‘s ums Schreiben geht! Hier unterhalten wir uns mit Luci über die Siege gegen ihren Bruder in F-Zero, die Witze in Tearaway und wie die Arbeit an Titeln von Media Molecule so ist.
Hallo Luci! Was genau machst du hier bei Media Molecule?
Ich bin UX Writer bei Media Molecule. Ich bin hier seit, meine Güte, im Mai werden es 15 Jahre. Ich wusste nicht mal, was ein UX Writer ist, als ich einer wurde, und es ist immer noch eine ziemliche Nische. Im Prinzip heißt das, dass ich all die Tooltipps und die Namen von Sachen schreibe, alle Texte, mit denen man auf dem Bildschirm interagiert, und all so was. Aber das ist noch nicht alles, denn die meisten Texte, die veröffentlicht werden, landen auch zuerst bei mir.
Du bist also sowohl ein Traumiversum-Lexikon als auch die Rechtschreibprüfung?
Ja, so ungefähr. Meine Arbeit hat verschiedene Aspekte. Erst mal gibt es normale Lektoratsaufgaben für Texte wie zum Beispiel Webseiten. Die checke ich und sorge dafür, dass sie dem „Media Molecule“-Tonfall entsprechen, grammatikalisch korrekt sind und dass Interpunktion und Rechtschreibung stimmen und so weiter. Aber außerdem haben wir noch so Sachen wie die Tooltipps, zu denen ich dann den Erstellern der Werkzeuge im Spiel – das sind üblicherweise Programmierer – jede Menge Fragen stelle. Einige davon sind sicher dumm, einige nicht ganz so dumm, und ich bohre einfach weiter, bis ich genau verstanden habe, was jedes Werkzeug und jede Option bewirkt oder was für ein Name passend wäre. Ich probiere die Werkzeuge wenn möglich auch selbst aus, damit ich weiß, wie sich die Dinge anfühlen. Und dann schreibe ich die Texte.
Und dann gibt es Sachen wie Ancient Dangers: Ein Fledermausmärchen, bei denen ich ein Spiel bekomme, das bisher nur ein Story-Gerüst, aber weder Tonfall noch Charakter hat – oder es fehlen vielleicht ein paar Witze. Dann setze ich mich hin und spiele das Spiel und versuche, die Story zum Leben zu erwecken. Das habe ich sowohl bei Ancient Dangers als auch beim ersten Tearaway gemacht.
Wie sind dir all die bizarren und coolen Namen für die verschiedenen Werkzeuge in Dreams eingefallen?
Manchmal hat die Person, die das Werkzeug erstellt hat, oder der Designer, der die Entwicklung dieses Werkzeugs beeinflusst hat, schon eine wirklich tolle Idee, wie man das Ding nennen könnte, und die übernehme ich dann. Einige Namen kommen auch aus LittleBigPlanet – warum sollen wir das Rad neu erfinden, wenn ein Name noch passt? Und die abgefahrenen und kreativen Namen kommen oft daher, dass ich entweder eine Idee habe und im Thesaurus blättere oder einige Sachen recherchiere, um rauszufinden, was passt. Bei Ancient Dangers zum Beispiel habe ich mir diverse Online-Artikel zu uralten Monstermythen und so angesehen. Und manchmal recherchiere ich zu Farbenfehlsichtigkeit oder Winkeln in der Mathematik oder so etwas. Ich denke mir ein paar Optionen aus und lege sie den Programmierern und Designern vor, damit sie mir sagen können, was sie am besten finden.
Doch bei einigen werde ich auch richtig kreativ, wie beim Impasto. Das ist einer meiner Lieblinge. Impasto ist das Werkzeug im Stilmodus, mit dem man die Flecken aufblasen und aufbauschen kann. Es hat mich einfach an das tatsächliche Impasto erinnert – einen Malstil, bei dem die Farbe dick aufgetragen wird, was richtig dreidimensional aussieht. Das habe ich auch zu Kareem gesagt, und er fand es toll. Ich habe jedoch auch Regeln. Das merkt man vielleicht nicht immer, aber ja, ich habe Regeln. Zum Beispiel müssen Sachen immer Namen haben, die ausdrücken, was bewirkt wird – es sei denn, es gibt absolut keine andere Möglichkeit. Der Name darf nicht völlig aus der Luft gegriffen sein.
Und wie gehst du vor, wenn du Story-Texte für Spiele von Media Molecule schreiben musst?
Also, es ist so: Ich bin keine Geschichtenschreiberin. Die Geschichten stammen nicht von mir, dieses Talent habe ich nicht. Andere Leute entwickeln die Ideen und Strukturen für die Geschichten und dann liegt es an mir, sie dem Publikum zu vermitteln. Bei Ancient Dangers etwa hatte Richard [Franke, Lead Designer] Platzhaltertexte in die Sprechblasen gepackt und ich bekam ein Dokument mit den wichtigsten Storymomenten. Und dann war es mein Job, Herb eine Stimme zu verleihen, die zu diesem Zeitpunkt im Stil eines New Yorker Taxifahrers sein sollte. Tatsächlich hat mir Jen Simpkins dabei geholfen, weil ich da einen kurzen geistigen Aussetzer hatte. Sie hat mir ein oder zwei Zeilen geliefert und dann hat es Klick gemacht. Und in Tearaway war es wieder anders, weil das Team eine Vision der Story hatte, aber es war schwerer, weil es keinen Platzhaltertext gab, mit dem ich arbeiten konnte.
Also musste ich mich tatsächlich mit meinem Kollegen Rex [Crowle, Creative Lead bei Tearaway] zusammensetzen und das Spiel spielen. Und er sagte dabei dann: „Ich möchte hier ungefähr so etwas“ oder „Ich hätte gern dazu einen Witz“ oder „Ich möchte diesen und jenen Tonfall“, und ich habe mir Notizen gemacht und dann diese Sprechblasen geschrieben. Und dann haben wir das wieder von vorne gemacht, mit meinen hinzugefügten Texten – das war ziemlich schwierig. Aber es hat unglaublich Spaß gemacht. Das hat mir sehr gut gefallen, aber ich liebe es auch, die Werkzeugbeschreibungen zu schreiben. Es ist meine Leidenschaft, komplexe Ideen einfach zu erklären. Ich erkläre gern Menschen, was etwas ist, und zwar auf eine Art, die sie nicht komplett überfordert.
Was war unter allen Projekten, an denen du gearbeitet hast, deine Lieblingsaufgabe?
Darüber habe ich vor dem Interview nachgedacht und ich kann mich nicht zwischen den Storysachen und den Tooltipps entscheiden. Geht einfach nicht. Ich liebe beides und wenn ich daran arbeite, gehe ich voll darin auf und es sind unglaubliche Erfolgserlebnisse. Das ist eine wirklich, wirklich schwierige Entscheidung. Man kann wohl sagen, die Storysachen sind eher ... das Schreiben ist spaßiger und ich kriege was zu lachen, dagegen ist der Werkzeugkram schwieriger, aber das Erfolgserlebnis ist riesig. Das ist eine wirklich schwere Entscheidung!
Wie bist du beim Beruf UX Writing gelandet?
Ich habe in der Spielebranche in der Produktion bei einer Firma angefangen, bei der sowohl Siobhan als auch ich angestellt waren, und dann war ich bei Creative Assembly, um an den „Total War“-Spielen zu arbeiten, auch in der Produktion. Und meine erste große Aufgabe, bei der ich wirklich im Job angekommen bin, war das Koordinieren der Lokalisierung von Shogun: Total War. Dabei gab es auch jede Menge Texte, die ich finalisieren musste. Nun ein Sprung zu meinem Wechsel zu Media Molecule: Ich arbeitete zu der Zeit nicht, weil meine Tochter noch sehr klein war, und Siobhan brauchte jemanden, der sich um die Lokalisierung und das Fertigstellen der Texte für LittleBigPlanet kümmerte. Also hat sie mich als Dienstleisterin damit beauftragt. Besonders lustig war es, mit Kareem und Kengo [Kurimoto, Lead Level Designer bei LittleBigPlanet] zusammenzusitzen und Sprechblasen für all diese verrückten Charaktere zu schreiben.
Wir haben dabei so viel gelacht. Am Ende wurde ich Producer bei Media Molecule und das war ich eine ganze Weile. Hauptsächlich habe ich mich um die Koordination der Lokalisierung gekümmert, weil ich darin schon Erfahrung hatte. Aber als wir an Dreams arbeiteten, kamen wir an den Punkt, an dem wir eine unglaubliche Bandbreite an komplexen Werkzeugen vorliegen hatten, die erklärt werden mussten. Und ich fand die Produktion schwierig und war mir nicht sicher, dass mir das liegt. Also sagte ich: „Ich kann das machen, ich kann diese Werkzeuge erklären!“ Und seitdem bin ich so glücklich, wie ich es nie zuvor in meiner Berufslaufbahn war. Meine ganze Zeit in der Branche hatte ich immer etwas mit Texten zu tun, aber erst in den letzten Jahren ist es tatsächlich auch meine Berufsbezeichnung.
Hast du irgendwelche speziellen Kurse absolviert, um in die Branche einzusteigen?
Also eigentlich habe ich einen Abschluss in Software Engineering! Den habe ich als Spätstudierende an der Abertay University in Dundee gemacht. Als ich meinen Ex-Freund kennenlernte, der Spiele liebte und in die Spielebranche wollte, hatte ich keine Ahnung, was ich mit meinem Leben machen wollte. Ich war schlecht ausgebildet. Ich war mit 17 Jahren von der Schule abgegangen, also entschloss ich mich, einen Abschluss in Software Engineering zu machen, um vielleicht auch etwas mit Spielen zu machen. Aber das war nicht meins: Mein Code war echt gut, aber ich brauchte Ewigkeiten dafür, und einige der übergeordneten Konzepte habe ich einfach nicht verstanden. Aber ja, das hat mir geholfen, meinen ersten Job in der Branche zu kriegen.
Wie unterscheidet sich die Arbeit an Dreams von der Arbeit an anderen Titeln von Media Molecule wie Tearaway oder LittleBigPlanet?
Es war und ist einfach völlig anders. Alle anderen Spiele, an denen ich gearbeitet habe, hatten das Ziel „Packt alles zusammen und veröffentlicht es, dann sind wir fertig“. Doch Dreams hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Ehrlich gesagt hatte ich am Anfang Probleme, zu verstehen, was um alles in der Welt wir da machen, aber sobald mir die Werkzeuge vorlagen, dachte ich: „Ach so! Natürlich!“ Es ist etwas seltsam, weil wir schon so lange an Dreams arbeiten – schon fast, seit ich bei Media Molecule angefangen habe –, ich aber lange Zeit mit Tearaway und Tearaway Unfolded beschäftigt war, während das Team im Hintergrund an Dreams getüftelt hat. Aber Dreams ist völlig anders. Unsere Kommunikation mit der CoMmunity bewegt sich auf einer ganz anderen Ebene als bei LBP.
Was ist das spannendste Produkt von Media Molecule, an dem du gearbeitet hast?
Ganz sicher Tearaway. Obwohl Ancient Dangers mir ein bisschen ein ähnliches Gefühl verschaffte. Tearaway war ein emotionales Spiel und alle, die daran arbeiteten, hängten sich so sehr rein, das war eine ganz magische Erfahrung. Die ganze Story war einfach so magisch und funkelnd und voller Konfetti, dass man tief in diese kleine Welt gezogen wurde. Wir machten Sachen, die einfach komplett irre waren, wie den Finger in eine Konsole zu stecken und so Zeug. Soweit ich weiß, hatte niemand so etwas schon mal gemacht.
Hast du Tipps oder Ratschläge für Leute, die sich fürs UX Writing interessieren?
Das UX Writing ist immer noch eine ziemliche Nische und mein Weg war nicht sehr geradlinig. Ich glaube, dass das Wichtigste bei vielen Berufen in der Spieleentwicklung ist, einfach Sachen zu machen. Oder zu verbessern: Wenn zum Beispiel ein Freund von dir etwas in Dreams oder einem anderen kreativen Spiel erstellt hat, kannst du es mit deinen Texten besser machen? Kannst du dabei helfen, dass der Text „singt“? Die einzige Möglichkeit, zu beweisen, dass dir etwas wirklich liegt, ist, den Leuten zu zeigen, was du so gemacht hast, und auf diese Weise einen Fuß in die Tür zu kriegen. Geh gerne an die Uni und mach einen Abschluss, der mit Spielen zu tun hat. Nimm jeden Job in der Spielebranche an, der sich bietet, und denk dir dann nicht: „Das ist es, das werde ich mein Leben lang in der Branche machen.“ Vielleicht ist es das nämlich nicht. Ich habe Programmieren studiert und dachte wirklich, ich würde dann auch Spiele programmieren. Aber dann fing ich in der Branche in der Produktion an und am Ende bin ich bei etwas ganz anderem gelandet. Krieg also irgendwie einen Fuß in die Tür. Zeig, was du kannst, und sei mit Leidenschaft dabei. Einer unserer besten Designer hat zum Beispiel in der Qualitätssicherung angefangen.
Die Leute von Mm scheinen eine Menge interessanter Dinge auf ihren Schreibtischen zu haben. Was würden wir denn gerade auf deinem Schreibtisch vorfinden?
Mein Schreibtisch hier ist ziemlich ordentlich, weil ich zu Hause bin und alles wirklich Interessante inzwischen irgendwo anders im Haus liegt. Wenn ich im Büro wäre, wäre er voller Zeug. Aber ich habe diese drei kleinen Silikoneier. Man drückt sie, um die Griffkraft zu trainieren, was man braucht, wenn man so eine alte Dame wie ich ist. Und ich habe einen wütenden Sackboy-Bobblehead, den ich schon seit vielen Jahren habe und den ich sehr mag. Und ich habe eine Löwenzahn-Blüte in Plexiglas. Alex Evans hatte die auf seinem Schreibtisch und ich habe sie gemopst, natürlich mit seinem Wissen. Die musste ich einfach haben, weil ich sie ansehe und dann grüble: „Wie haben sie das gemacht?“ Eine Löwenzahn-Blüte in Plexiglas! Ich hab keine Ahnung, wie man das schafft! Es ist unglaublich!
Was magst du am liebsten an der Arbeit für Mm?
Wenn ich mir jetzt nach drei Jahren Dreams so ansehe, ist das Talent, das da drinsteckt, absolut nicht von dieser Welt. Ich hoffe, dass noch mehr Leute aus der Dreams-CoMmunity Jobs [in der Spielebranche] bekommen, weil sie die verdammt noch mal verdienen. Es war immer absolut fantastisch, schon seit LittleBigPlanet, dass die Spiele von Media Molecule Leute in die Branche geholt haben. Ob [unsere Spieler] Jobs bei uns kriegen oder nicht – sie haben auf jeden Fall etwas, mit dem sie anderen zeigen können, wozu sie in der Lage sind, um so Jobs zu kriegen.
Wenn ich an die Spiele denke, die mich damals fürs Gaming begeistert haben, waren das Spiele wie The Legend of Zelda: A Link to the Past und F-Zero, aber jetzt haben die Leute Dinge wie Dreams, in denen sie ratzfatz ihre eigenen Spiele erschaffen können! Übrigens war ich verdammt gut in F-Zero. Wirklich, wirklich gut. Ich habe immer gegen meinen Bruder gewonnen und er kam überhaupt nicht klar damit. Aber ich schätze mich einfach immer noch unglaublich glücklich, dass ich diese Berufslaufbahn einschlagen konnte. Manchmal muss ich mich selbst kneifen, um mich daran zu erinnern, dass ich nicht träume!
Das Dreams-Benutzerhandbuch ist ständig in Arbeit. Achtet auf Aktualisierungen, da wir im Laufe der Zeit weitere Lern-Ressourcen und Artikel hinzufügen werden.